Ich hatte vor vielen Jahren Krebs mit einer sehr schlechten Prognose. Ich wurde operiert. Bei dieser ganzen Geschichte ist mir einiges aufgefallen, das ich hier erzählen möchte.

Ich wusste von Beginn an: Die Krebszellen habe ich selber produziert. Mein eigenes Körpersystem erschafft sie. Ein Teil meines Körpers richtet sich gegen das in mir vorherrschende Ordnungssystem. Dadurch entsteht ein Gefühl von ‚Ich kann meinem eigenen Körper nicht trauen.‘ Dies ist ein ganz unangenehmes, elementares Gefühl und eine schlimme Erfahrung.

Glücklicherweise erhielt ich kurz vor Bekanntwerden der Diagnose aus meinem Inneren folgende Gedanken geliefert: ‚Pass auf Ria, das ist jetzt Krebs. Aber du bekommst den nicht zum Sterben, sondern zum Leben.‘ Und wie der Arzt mir die Diagnose mitteilte, äußerte ich schon spontan: „Das wird mir helfen, endlich den richtigen Platz in meiner Familie einzunehmen.“

Durch diese Gedanken war es mir möglich, eine abwartende Haltung den Ärzten gegenüber einzunehmen und der Ansicht ihrer schlechten Prognose nicht gleich gutgläubig zu verfallen. So ging ich mit großem Vertrauen in die angeratene OP. Als ich wieder erwachte, musste ich jedoch aufgrund der vielen Metastasen, die man in mir zu finden geglaubt und herausoperiert hatte, annehmen, dass ich das nicht überleben würde.

Es folgte eine tiefe Auseinandersetzung mit meinem Gott, dem ich noch auf der Intensivstation mental meinen Hass entgegenschleuderte. In den vergangenen Jahren des Unglücklichseins hatte ich viel gebetet und um Hilfe gefragt, um Ideen für eine Lösung. Nun glaubte ich mich von Gott total verlassen und erinnerte mich an Jesus Christus, der dies Gefühl auch kannte. Ich bat ihn, zu mir auf die Intensivstation zu kommen, in meinen Körper herein und mich von innen komplett mit seiner Präsenz auszustrahlen. Diese Vorstellung hielt ein paar Minuten an und ich spürte, wie mich etwas verließ. Was zurückblieb waren die Gefühle von Sanftmut und Barmherzigkeit, die ich zu meinem Erstaunen zuvor weder im Außen noch in mir selber erlebt hatte.

Die nächste Auseinandersetzung, die im normalen Krankenzimmer erfolgte, vornehmlich nachts, war der Prozess, der mich dahin führte, meinen zu frühen Tod zu akzeptieren – bedingungslos, versteht sich. Als auch dies erledigt war (das braucht aber schon ein paar Tage), kommt der Chefarzt herein und eröffnet mir, dass die vielen Metastasen, die man in mir zu finden geglaubt und ausgeräumt hatte, gar keine waren. Es waren Bluteinschlüsse, die aussahen wie Metastasen und „sowas hätten sie noch nie gesehen“.

Dieser Augenblick war einer der bedeutendsten in meinem Leben. Er zeigte mir, dass mein Gefühl Recht gehabt hatte, den Krebs zum Leben zu bekommen. Ich habe den Ärzten mehr vertraut als mir selber, obwohl meine innere Stimme sehr deutlich zu mir gesprochen hatte. Ich hatte diesen Statistiken, Erfahrungen, Einschätzungen der Ärzte mehr Glauben geschenkt als mir selber.

Während der Noch-Anwesenheit des Chefarztes sah ich in Gottes lachendes Gesicht, der mir gerade eine Lehre fürs Leben verpasst hatte. Ich saß mit einer ‚komplett ausgeräumten Halsseite‘ ziemlich lädiert und gefläddert da auf meinem Stuhl und erkannte den Witz an dieser Situation. Ich erkannte Gottes Humor, mit dem er mir mitteilte, wie viel Freiheit er mir ließ. Das Melanom war ambulant vom Hautarzt entfernt worden, diese große OP wäre gar nicht nötig gewesen.

Seit damals befrage ich mich öfter und deutlicher, ob inneres Wissen in mir vorliegt zu einer Situation. Bekomme ich ein deutliches Gefühl, ist dies – entgegen aller Wissenschaft und Vernunft – mein Kompass im Leben.

Jedoch nicht alle Ärzte in der Klinik verkrafteten ihre eigene Fehleinschätzung und so wurde ich mit der Entlassung noch einmal sehr unfreundlich gewarnt, ich solle mich nicht so sicher fühlen, denn Krebs könne jederzeit wieder ausbrechen. Diese Haltung und Aussage machte mir fürchterliche Angst. Ich mied von nun an die Begegnung mit Ärzten und begriff, dass ich mit Hilfe dieser Angst in meiner Eigenverantwortung und Wahrnehmung geschult wurde, was mein Wohlbefinden betraf. Heute sehe ich darin ein gutes Beispiel, wie Angst auch positiv genutzt werden kann, nämlich zur eigenen Weiterentwicklung.

„Warum bekommen wir Krebs? Was ist Krebs eigentlich?“
Diese Fragen stellte ich mir danach sehr häufig und ich begann, Zusammenhänge zu erkennen.

Was alle Krebsarten gemein haben, ist, dass Zellen entarten. Sie schlagen aus der Art. Sie sind wild, sie passen sich nicht an. Sie unterstützen nicht das vorherrschende System, sondern sie schaffen Chaos und Bedrohung.

Im Zuge meiner Heilung, die darin bestand, mein Wohlergehen in den Fokus zu nehmen und genau zu gucken, was für mich jetzt richtig und wichtig sei, auf meinen inneren Kompass zu achten und seinen Impulsen bedingungslos zu folgen, geschah genau das, was ich im vorigen Absatz über den Krebs ausgesagt habe. Nur war ich nun diejenige, die ‚aus der Art schlug‘, die ein wenig ‚wild wurde‘, die aufhörte ’sich anzupassen‘, die das ‚vorherrschende Ordnungssystem nicht mehr in alter Weise stützte‘, die ‚Chaos schuf‘ und die vielleicht sogar in ihrem Verhalten als ‚bedrohlich‘ angesehen wurde, weil ich nicht mehr so funktionierte wie man es von mir gewohnt war und erwartete. Im neu gefundenen Einklang mit mir selber wurde ich nun für meine Außenwelt das, was mir der Krebs zuvor als Symptom gezeigt hatte. 

In meiner Familie haben sich die Dinge danach neu geordnet. Ich habe meinen Platz in ihr gefunden. Ich bin vielleicht als Mutter etwas anders und als Frau auch, aber damit kann jeder umgehen. Ich bin meinem Körper so dankbar, dass er mal an Krebs erkrankte, mich in Angst und Schrecken versetzte, damit ich lernen konnte, meine eigene Lebens-Autorität zu finden.

Dies ist meine Geschichte, dies sind meine Schlussfolgerungen. Es gibt viele verschiedene Krebsarten, aber ihnen ist etwas gemein und alle haben sie eine Botschaft an uns, davon bin ich zutiefst überzeugt. Und ich glaube auch, dass es Seelen gibt, die eine solche schwere Erkrankung mit anschließendem Tod auf sich nehmen, um anderen damit weiterzuhelfen, ihren Familien zumeist. Bei Kindern gehe ich ausnahmslos davon aus.